Wählst du schon oder wohnst du falsch?
Ab wann du in Deutschland wählen darfst, hängt nicht nur von der Wahl an sich ab, sondern auch von dem Bundesland, in dem du lebst. So ergibt es sich, dass 16-Jährige in einigen Teilen Deutschlands schon bei bestimmten Wahlen ihre Stimme abgeben dürfen, in anderen Bundesländern aber bis zu ihrem 18. Lebensjahr warten müssen.
Ist dieses System überhaupt noch zeitgemäß? Einige Parteien fordern ein generelles Wahlrecht für ab 16-Jährige – also auch für die Bundestagswahl. Ist dies wirklich sinnvoll, oder fordern die Parteien das in ihrem eigenen Interesse? Fragen über Fragen, die wir in diesem Artikel beleuchten.
An welchen Wahlen darf ich ab 16 Jahren teilnehmen?
1996 führte Niedersachsen als erstes deutsches Bundesland ein Wahlrecht für ab 16-Jährige ein. Das gilt allerdings nur auf Kommunlaebene. Das heißt, dass du ab 16 Jahren an Kommunalwahlen teilnehmen darfst.
Weitere Bundesländer haben nachgezogen, sodass du inzwischen in folgenden Bundesländern schon ab 16 Jahren an den Kommunalwahlen mitwirken kannst:
- Baden-Württemberg
- Berlin
- Bremen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersachsen
- Nordrhein-Westfalen
- Sachsen-Anhalt
- Thüringen
In Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein darfst du mit 16 Jahren sogar an Kommunal- und Landtagswahlen teilnehmen.
In fünf Bundesländern gibt's Wahlen nur für Erwachsene
So ergibt es sich, dass 16- bis 18-Jährige in fünf Bundesländern in die Röhre gucken: In Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und dem Saarland dürfen sie an keiner Wahl teilnehmen und müssen bis zu ihrem 18. Lebensjahr warten.
Wer dies erreicht hat, darf auch an der Wahl zum Deutschen Bundestag teilnehmen, die alle vier Jahre stattfindet. Es gibt drei Kriterien, die du erfüllen musst, um wahlberechtigt zu sein:
- Du musst mindestens 18 Jahre alt sein.
- Du musst die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
- Du musst seit 1949 mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben.
Beeinflusst das Wahlalter die Wahlbeteiligung und das -ergebnis?
Wir haben in Deutschland mit einer stetig sinkenden Wahlbeteiligung zu kämpfen. Das gilt nicht nur für Landtags- und Kommunalwahlen, sondern auch für die Bundestagswahlen. Für die Demokratie ist das schädlich, da die Wahlen dann weniger repräsentativ sind.
Deshalb fordern einige Politiker, das Wahlalter generell auf 16 Jahre zu senken. Damit könne man die Wahlbeteiligung erhöhen – Prognosen schätzen, dass man so eine Beteiligung von bis zu 80 Prozent erzielen könnte.
Hinzu kommt ein weiterer Faktor: Bei älteren Menschen ist die Wahlbeteiligung besonders hoch. Je älter die Leute werden, desto häufiger gehen sie wählen. Wenn diese Generation in den nächsten Jahrzehnten wegfällt, fürchten Fachleute, dass es zu einem deutlichen Einbruch der Wahlbeteiligung kommen wird.
Jüngere Wahlberechtigte für mehr soziale Gerechtigkeit
Dass das Wahlalter auch das Ergebnis einer Wahl beeinflusst, erklärt dieses Beispiel: Die Wahlbeteiligung in Deutschland spiegelt eine große soziale Spaltung wieder, die vor allem bei den 18- bis 29-Jährigen extrem ausgeprägt ist. Jugendliche aus sozial schwachen und bildungsfernen Verhältnissen beteiligen sich immer seltener an den Wahlen.
Mit einem generellen Wahlrecht ab 16 Jahren sehen Forscherinnen und Forscher eine Chance, die politische Ungleichheit etwas auszugleichen.
Brauchen wir eine Revolution beim Wahlalter?
Es stellt sich also die Frage, ob wir eine Revolution bei unserem Wahlalter brauchen. Sei es, um eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen oder die soziale Spaltung zu verringern. Einige Parteien plädieren dafür. Bei vielen ist dies sogar ein entscheidender Punkt der Wahlkampagne.
Bald auch ab 16-Jährige bei der Bundestagswahl?
Derzeit ist für die Bundestagswahl stimmberechtigt, wer mindestens 18 Jahre alt ist. Verschiedene Parteien fordern, auch schon ab 16-Jährige an den Bundestagswahlen teilnehmen zu lassen.
Das sehen beispielsweise die Grünen so. Ihre Forderung: Das Wahlalter für Bundestagswahlen und die Wahlen zum Europaparlament auf 16 Jahre zu senken. Die Partei begründet dies damit, dass auch junge Menschen ihre eigene Zukunft mitgestalten sollten.
Zudem argumentiert sie damit, dass Jugendliche sich so schon früh ernst genommen fühlen und sie das Gefühl bekommen, mit Engagement etwas verändern zu können. Auch das Thema Wahlbeteiligung kommt bei den Grünen auf: Sie sind der Meinung, dass eine Senkung des Wahlalters nötig ist, um die Wahlbeteiligung zu steigern.
Die Linke und die FDP teilen diese Auffassung. Die FDP gibt an, dass man mit einer Senkung des Wahlalters mehr als 1,5 Millionen mehr Wahlberechtigte hätte, denen man derzeit das Recht zu wählen verwehrt.
Was hat es mit der Forderung nach einem Kinderstimmrecht auf sich?
Manche Bürger:innen gehen sogar so weit, ein allgemeines Kinderstimmrecht zu fordern. Denkbar wäre, dass die Eltern für ihr Kind eine Stimme abgeben dürfen, bis es selbst an der Wahl teilnehmen kann – eine Form der Stellvertreterwahl also. Bekannte Vertreter dieser Haltung sind beispielsweise die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen oder das Kinderrechtsprojekt Krätzä.
Es gab bereits mehrere Verfassungsbeschwerden, da Kindern das Recht auf Wählen verwehrt wird. Bislang wurden diese aber allesamt abgelehnt. Derzeit sieht es auch nicht so aus, als würde dieses Thema in Deutschland zu einer bundesweiten Diskussion führen.
Was ist die U18?
Neun Tage vor einer offiziellen Wahl, findet die U18 statt. Es handelt sich dabei um eine fiktive Jugendwahl, bei der unter 18-Jährige ihre Stimmen abgeben. Das läuft ähnlich wie bei der richtigen Wahl: Es werden Wahllokale eröffnet, in denen die Wähler:innen bis 18 Uhr ihre Stimme abgeben können.
Das soll junge Menschen ermuntern, politisch aktiv zu werden und für ihre Herzensthemen abzustimmen. Oftmals gibt es Aktionen und Events vor der Wahl, bei der interessierte Minderjährige sich informieren können.
Eine Software liest das Ergebnis der U18 aus und veröffentlicht es. In vielerlei Hinsicht gleich sie also der echten Wahl. Schaut man sich die Ergebnisse an, gibt es meist erhebliche Abweichungen zu den Ergebnissen der tatsächlichen Wahl.
Einsatz für das Jugendwahlrecht von Parteien, die profieren würden
Was dabei auffällt: Vor allem die Parteien, die ein Wahlrecht für 16-Jährige fordern, schneiden bei der U18 teils erheblich besser ab. Es könnte also ratsam sein, wenn du dir selbst ein Bild von den Gründen machst, die jeweils hinter den Forderungen nach einem Jugendwahlrecht stecken.
Wer ab 16 Jahren stimmberechtigt ist, darf auch an der Briefwahl teilnehmen
Die Teilnahme an der Briefwahl ist nicht ans Alter gekoppelt. Wer in Deutschland wahlberechtigt ist, darf seine Stimme ohne Angabe von Gründen auch per Post abgeben. Wenn du für eine der kommenden Wahlen einen Briefwahlantrag stellen möchtest, bekommst du alle erforderlichen Unterlagen bei deiner Stadt oder Gemeinde.
Du bist Erstwähler oder stimmst zum ersten Mal per Post ab? Dann haben wir weitere interessante Blog-Artikel für dich: