Briefwahl in anderen Ländern: Fakten aus der ganzen Welt
In Deutschland kannst du seit 1957 per Brief wählen. Obwohl wir diese Möglichkeit seit mehr als 50 Jahren haben, stimmen in Deutschland nur knapp 30 Prozent aller Stimmberechtigten postalisch ab.
Ein Blick in andere Länder verrät: Es geht auch anders. Es gibt nicht nur mehr Menschen, die per Post abstimmen, das gesamte Verfahren läuft teils ganz anders ab als bei uns in Deutschland.
Schweiz: Briefwahl verdrängt Wahl an der Urne
Das beste Beispiel dafür ist die Schweiz. Die Briefwahl findet dort viel Zuspruch: Mehr als 90 Prozent der Wahlberechtigten stimmen per Brief ab. In einigen Kantonen sind es sogar noch deutlich mehr. Bei der Wahl 2017 meldete der Aargau, dass 97 Prozent der eingegangenen Stimmen aus der Briefwahl stammten.
Damit stimmen in der Schweiz deutlich mehr Menschen postalisch ab als am Wahltag in den Wahllokalen. Das liegt wohl auch daran, dass es kaum Schwierigkeiten mit dem System gibt. Im Gegenteil: Die Wahlhelfer:innen sind derart gut organisiert, dass am Wahltag schon nach wenigen Stunden mit ersten Ergebnissen gedient wird.
Ausgereiftes Briefwahlsystem schafft reibungslose Auszählungen
Über die Jahre hat man sich darauf eingestellt, dass ein Großteil aller Stimmen bereits vorab per Post eingehen. Dementsprechend ausgereift und fehlerfrei laufen die Auszählungen ab.
Ein positiver Nebeneffekt davon ist, dass die Wahlbeteiligung in der Schweiz deutlich gestiegen ist. Das war ein erklärtes Ziel der Briefwahl. Ob die Abstimmung per Brief tatsächlich der ausschlaggebende Grund für die stetig steigende Wahlbeteiligung ist, kann natürlich nicht eindeutig geklärt werden. Sie scheint dem aber nicht im Wege zu stehen.
Österreich: Panne bei den Unterlagen für die Briefwahl führte zur Verschiebung der Wahl
Während unsere Nachbarn aus der Schweiz keinerlei Probleme bei der Briefwahl haben, führte sie in Österreich 2016 sogar dazu, dass die Wahl des Bundespräsidenten verschoben werden musste. Was war passiert?
Nachdem die Menschen in Österreich 2016 abgestimmt hatten, dass Alexander Van der Bellen ihr neuer Bundespräsident werden sollte, wurde die Wahl aus Formgründen für ungültig erklärt.
Schlechter Klebstoff an Wahlunterlagen sorgt für Debakel
Eigentlich sollte sie am 02. Oktober wiederholt werden: Blöderweise gab es dann eine Panne bei den Unterlagen für die Briefwähler.
Der Klebstoff auf den Unterlagen schien sich zu lösen, was die betroffenen Stimmen ungültig gemacht hätte. Man sah sich gezwungen, die Wahl in den Dezember zu verschieben – das Debakel war perfekt.
Großbritannien: Chaos bei der Briefwahl für den Brexit
Nicht weniger chaotisch ging es zu, als knapp 50 Millionen Wahlberechtigte in Großbritannien über den Brexit abstimmen sollten. Dazu muss man sagen: Dort stimmen nur knapp ein Siebtel der Stimmberechtigten postalisch ab – eine vergleichsweise geringe Zahl.
Als nun aber über den Brexit abgestimmt werden sollte, waren die im Ausland lebenden Briten und Britinnen darauf angewiesen, per Briefwahl abzustimmen. Blöd nur, dass die vorfrankierten Wahlkuverts die falsche Größe hatten. So hatte die Deutsche Post Probleme damit, die Wahlunterlagen von in Deutschland lebenden Briten und Britinnen als portofrei anzuerkennen.
Wahlunterlagen gehen an die Falschen und Umschläge verloren
Aber auch in Großbritannien gab es die ein oder andere Panne. So bekamen beispielsweise auch zahlreiche 17-Jährige Wahlunterlagen zugesandt, obwohl man in Großbritannien erst mit 18 Jahren wählen darf.
Es wurde außerdem berichtet, dass mehrere hundert Wahlumschläge in Plymouth verloren gegangen sind und einige Stimmberechtigte ihre Unterlagen gar nicht erst erhalten haben. Auch wenn nun bereits über den Brexit entschieden ist, sollte das System der Briefwahl in Großbritannien eventuell verbessert werden.
USA: Vertrauen in die Briefwahl wurde untergraben
Wenn du an Kontroversen rund um die Briefwahl denkst, kommt dir bestimmt schnell das Beispiel der USA in den Sinn. 2020 stimmte das Volk darüber ab, ob Präsident Trump eine zweite Amtszeit bekommt, oder ob er von Joe Biden abgelöst werden soll.
Schon lange bevor die Wahl richtig losging, machte Trump mächtig Stimmung gegen die Briefwahl und versuchte sogar, sie komplett zu verbieten. Dass er die Briefwahl instrumentalisiert hat, um sich eine zweite Amtszeit zu sichern, zeigt, von welcher großer Bedeutung sie in den USA ist.
Traditionell stimmen mehr Demokraten per Post ab
Denn es sind vor allem Wählende der Demokraten, die postalisch abstimmen. Wer weiß, wie die Wahl ohne ihre Stimmen ausgegangen wäre. Trumps Behauptung, dass bei der Briefwahl betrogen wurde, konnte bislang übrigens nicht bewiesen werden.
Briefwahl rund um den Globus: Pleiten und Pannen, aber auch vorbildliche Beispiele
Ein Blick in andere Länder der Welt hat gezeigt, dass die Briefwahl sowohl geordnet als auch chaotisch ablaufen kann. Während die Schweiz und Deutschland gut organisiert sind und kaum Probleme verzeichnen, geht es in anderen Ländern teils drunter und drüber.
Behörden rechnen mit Briefwahl-Rekord zur deutschen Bundestagswahl
Große Unterschiede gibt es bei der Anzahl der Briefwähler:innen. Es macht den Eindruck, dass die Menschen in Großbritannien und Österreich eher skeptisch sind und lieber im Wahllokal wählen. Das könnte natürlich mit den vorgestellten Problemen zusammenhängen.
Für die anstehende Bundestagswahl in Deutschland rechnen die Behörden mit einem weiteren Anstieg der Briefwähler:innen. Das wird sicherlich auch durch die anhaltende Corona-Pandemie begünstigt.
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