Wahlkampf in zwei Geschwindigkeiten
Die Bundestagswahl 2021 findet am 26. September statt. Bis dahin haben die Parteien also Zeit, Werbung in eigener Sache zu machen und die Wählerinnen und Wähler von Ihrem Programm zu überzeugen. Eigentlich.
Denn was ist mit den Briefwähler:innen? Diese geben ihre Unterlagen schon ein paar Tage oder Wochen früher ab. Was das für die Parteien bedeutet, beleuchten wir in diesem Artikel.
Steigender Briefwahlanteil als Herausforderung im Wahlkampf
Der Wahlkampf ist für die Parteien entscheidend, um ihr Parteiprogramm vorzustellen und Wähler und Wählerinnen zu gewinnen. Dafür treten vor allem die Kanzlerkandidaten und Kanzlerkandidatinnen in verschiedenen Shows auf und halten Reden bei wichtigen Veranstaltungen. Auch Interviews gehören dazu und tragen ebenso wie der Straßenwahlkampf zu einem lebendigen Ringen um Stimmen bei.
Dieses beginnt bereits einige Monate vor der Wahl und zieht sich bis zum finalen Wahltag, um auch noch die letzten Unentschlossenen zu überzeugen. Durch die Briefwahl ergibt sich aber eine ganz neue Situation.
Denn Briefwähler:innen geben ihre Stimme schon früher ab. Wer früh dran ist, bringt seine Briefwahlunterlagen schon einige Wochen vor der Wahl zum Briefkasten. Und dann? Dann sind alle Bemühungen der Parteien in Bezug auf die Briefwähler:innen völlig umsonst, denn sie haben sich bereits entschieden.
Das Thema ist so interessant und wichtig, da sich immer mehr Menschen dazu entscheiden, per Brief zu wählen. Das wird 2021 wohl sicher auch durch die anhaltende Corona-Pandemie verstärkt.
Erstmals mehr Stimmen per Post als im Wahllokal?
Fachleute gehen davon aus, dass der Anteil der Briefwahl dieses Jahr noch einmal deutlich zunehmen wird. Es wäre sogar denkbar, dass erstmals mehr Menschen per Brief wählen als in einem Wahllokal. Diese Prognosen zeigen, dass hier eine Herausforderung für den Wahlkampf wartet.
Wie laufen die letzten zwei Wochen vor der Wahl normalerweise ab?
Ziel des Wahlkampfes ist es, die Gunst der Bürger:innen zu erhalten. Dafür nutzen die Parteien verschiedene Möglichkeiten. Öffentliche Reden sind dafür ein gutes Beispiel. Diese finden nicht nur in den Monaten vor der Wahl statt, sondern auch noch unmittelbar davor. Auch der Straßenwahlkampf läuft kurz vor dem Stichtag auf Hochtouren.
Je näher der Wahltag rückt, desto öfter hören wir in den Medien von Auftritten der Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen. Das können etwa TV-Debatten sein, die oftmals für mächtig Gesprächsstoff sorgen. Die Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen haben hier die Möglichkeit, sich Fragen zu stellen und ihre Argumente zu verteidigen.
2017 fand ein solches Duell Anfang September zwischen Angela Merkel und Martin Schulz statt. Ausgestrahlt wurde dieses in der ARD und von knapp 16 Millionen Menschen verfolgt. Auch für die Bundestagswahl 2021 ist mit solchen Formaten zu rechnen.
Welche Probleme bringt die Briefwahl für die Parteien mit sich?
Durch den immer größer werdenden Anteil an Briefwählern und -wählerinnen gibt es nicht mehr den einen Stichtag für Parteien. Erst unmittelbar vor der Wahl noch einmal alle Karten auszuspielen, ist in vielen Fällen schon zu spät und kann wichtige Stimmen kosten.
Die Parteien müssen also über einen längeren Zeitraum auf das Gaspedal drücken, um sowohl die früher Wählenden als auch die Menschen zu erreichen, die „erst” am 26. September ihre Stimme abgeben.
Auch die TV-Debatten erhalten eine andere Gewichtung: Sie finden oftmals schon so früh statt, dass einige Wahlberechtigte ihre Briefwahlunterlagen bereits vorliegen haben. Die Folge? Unmittelbar nach der Debatte kann Zuhause gewählt werden.
Bei der klassischen Wahl in einem Wahllokal liegen zwischen solchen TV-Formaten und der eigentlichen Wahl ein paar Wochen. Das gibt den Parteien Zeit, Fehler zu korrigieren, birgt aber auch die Gefahr, dass ein positiver Eindruck mit der Zeit wieder verblasst.
Ist die Zeit des klassischen Wahlkampfes vorbei?
Klar ist: Die klassischen Wahlkampfformate, die alles auf den finalen Wahltag hin ausrichten, funktionieren umso schlechter, je mehr Menschen per Post abstimmen. Die Kandidierenden und ihre Parteien müssen mit steigendem Anteil der Briefwahl das Tempo über mehrere Wochen hochhalten, wenn sie alle Wahlberechtigten überzeugen möchten. Es bleibt spannend zu beobachten, wie die um die Wählergunst Werbenden diese Zeit nutzen.
Wann startet die Briefwahl für die Bundestagswahl 2021?
Der Bundeswahlleiter legte den 3. August 2021 als frühesten Termin fest, an dem Gemeinden Wahlscheine ausgeben dürfen. Mit diesem können Wahlberechtigte die Briefwahl beantragen.
Alle Unterlagen für deinen Briefwahlantrag bekommst du bei deiner Stadt oder Gemeinde.