Die Briefwahl ermöglicht Wahlberechtigten die Stimmabgabe, die aus verschiedensten Gründen kein Wahllokal aufsuchen können. Das gilt auch für Inhaftierte: Sie dürfen das Gefängnis nicht verlassen und hätten ohne die Briefwahl gar keine Möglichkeit, ihr Wahlrecht auszuüben.
Haben Menschen, die eine Gefängnisstrafe absitzen, denn überhaupt noch ein Wahlrecht? Dürfen Sie an Wahlen teilnehmen? Wir haben recherchiert!
Unter welchen Voraussetzungen dürfen Inhaftierte an Wahlen teilnehmen?
Auch Gefängnisinsassen haben das Recht, an einer Wahl teilzunehmen. Dafür gibt es eine Voraussetzung: Ihr Wahlrecht darf ihnen nicht entzogen worden sein.
Bei bestimmten Straftaten kommt es nicht nur zu einer Verurteilung, sondern auch zu einem vorübergehenden Entzug des Wahlrechts nach § 13 BWG. Das kann bei folgenden Straftaten der Fall sein:
- Hoch- und Landesverrat
- Wahlfälschung
- Wählernötigung
- Wählerbestechung
- Bestechlichkeit
In der Praxis kommt es jedoch sehr selten vor, dass im Rahmen einer Verurteilung das Wahlrecht nicht länger gewährt wird. Inhaftierte behalten also ihr aktives Wahlrecht und dürfen damit an Wahlen teilnehmen.
Anders sieht es mit dem passiven Wahlrecht aus. Wer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wird, der verliert dieses für fünf Jahre. Das bedeutet, dass die Person sich nicht bei einer Wahl aufstellen lassen.
Wie können Inhaftierte ihre Stimme abgeben?
Gefängnisinsassen geben ihre Stimme in den allermeisten Fällen per Brief ab. Das gilt auch für Inhaftierte im offenen Vollzug: Sie dürfen in den allermeisten Bundesländern nicht in einem Wahllokal wählen, sondern müssen Ihre Stimme im Gefängnis abgeben.
Dabei kann es zu Problemen kommen, wenn Inhaftierte keinen festen Wohnsitz haben. Sie stehen dann nicht im Wählerverzeichnis und müssten sich aktiv eintragen lassen, damit sie ihre Stimme abgeben können.
Gefängnisse haben theoretisch die Möglichkeit, einen Sonderwahlbezirk für ihre Einrichtung zu beantragen. Damit wäre es dann möglich, am Wahltag im Gefängnis eine Art Wahllokal einzurichten. Das geschieht allerdings nur in den allerwenigsten Fällen.
Welche Regelungen gelten in anderen Ländern?
In Deutschland haben Gefängnisinsassen seit 1957 das Recht, trotz ihrer Inhaftierung an Wahlen teilzunehmen. Das ist jedoch nicht überall auf der Welt so: In einigen Ländern verlieren Menschen, die im Gefängnis sitzen, ihr Wahlrecht automatisch.
Dazu zählen beispielsweise:
- Argentinien
- Brasilien
- Estland
- Mongolei
- Neuseeland
- Türkei
- Ungarn
Auch in den allermeisten Bundesstaaten der USA haben Inhaftierte keine Möglichkeit, an Wahlen teilzunehmen. Lediglich in zwei Bundesstaaten wird ihnen dieses Recht eingeräumt.
Hinzu kommt, dass auch viele Entlassene in den USA kein Wahlrecht mehr haben. Das führte bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2020 dazu, dass rund 5,7 Millionen ihre Stimme nicht abgegeben konnten – obwohl viele davon ihre Strafe bereits abgesessen hatten.