Du dachtest bislang, die Briefwahl in Deutschland würde reibungslos laufen? Du hast schon häufiger per Brief gewählt und hattest dabei nie Probleme? Dann geht es dir wie vielen Deutschen. Auf den ersten Blick ist die Briefwahl komfortabel, einfach und meistens pannenfrei.
Diesen positiven Eindruck teilen jedoch nicht alle: Der Professor Dr. Dominic Nyhuis hat diesbezüglich geforscht und seine Ergebnisse veröffentlicht. Welche Defizite es seiner Meinung nach gibt und wie diese behoben werden könnten, haben wir für dich zusammengefasst.
Hat die deutsche Briefwahl tatsächlich so viele Defizite?
Bevor wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die Briefwahl in Deutschland verbessert werden könnte, werfen wir einen Blick auf die letzten Jahre. Gab es tatsächlich Schwierigkeiten bei der Stimmabgabe per Brief? Sind sogar Skandale öffentlich geworden?
Die Briefwahl hat in Deutschland tatsächlich einen sehr guten Ruf: Es gab bislang keine größeren Probleme oder Pannen. Gelegentlich kommt es vor, dass die Unterlagen zu spät bei den Wählerinnen und Wählern eingehen.
Ansonsten gibt es keine Berichte über größere Probleme. Ist eine Reform also eigentlich gar nicht nötig?
Fünf konkrete Verbesserungsvorschläge für die Briefwahl
Mit dieser Frage hat sich Prof. Dr. Dominic Nyhuis beschäftigt. Er ist Politikwissenschaftler an der Leibniz Universität Hannover und hat in Bezug auf die Briefwahl Befragungen durchgeführt und Analysen angefertigt. Er ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Briefwahl in Deutschland durch fünf Punkte deutlich verbessert werden könnte.
1. Verlängerung des Einsendeschlusses
Wenn Wahlunterlagen zu spät beim zuständigen Wahlbüro eingehen, können diese nicht mehr ausgezählt werden und werden vernichtet. Dadurch kommt es zu einem nicht unerheblichen Fehlen an Stimmen, das laut Prof. Dr. Nyhuis vermieden werden könnte. Er schlägt vor, den Einsendeschluss zu verlängert.
Das ist bereits in Litauen und Portugal eingeführt worden: Briefwahlstimmen, die bis zu zehn Tage nach der Wahl eingehen, werden noch gezählt. Entscheidend ist, wann diese in die Post gegeben wurden.
2. Vereinfachung der Briefwahlunterlagen
Wir informieren dich auf unserem Blog über alle Einzelheiten, wie du per Brief wählen kannst. Das ist nötig, da die Briefwahl immer noch relativ kompliziert ist. Das kann einige Wählerinnen und Wähler überfordern.
Dadurch kommt es zu Formfehlern: Dadurch wird die Stimme ungültig. Auch die optische Gestaltung führt laut Prof. Dr. Nyhuis zu noch mehr Verwirrung. Sein Vorschlag ist einfach – die Unterlagen müssen generell vereinfacht werden und die wichtigsten Punkte sollten grafisch hervorgehoben werden.
3. Übersetzung der Wahlunterlagen
Die Briefwahl ist für Deutsche, die im Ausland leben, oftmals die einzige Option, überhaupt zu wählen. Wer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, hat dabei Probleme: Die Formulierungen sind kompliziert und können nicht einfach durch einen Übersetzer gejagt werden.
Laut Prof. Dr. Nyhuis wäre es eine deutliche Erleichterung, wenn die Briefwahlunterlage zumindest ins Englische übersetzt werden würden. Auch dadurch lassen sich zahlreiche Formfehler und somit auch ungültige Stimmen vermeiden.
4. Benachrichtigung bei Formfehlern
Wenn du deine Stimme per Brief abgibst und diese aufgrund eines Formfehlers nicht gewertet werden kann, wirst du darüber nicht informiert. Du weißt also gar nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Da du deine Briefwahlunterlagen vermutlich alleine ausfüllst, kann dich auch keine andere Person darauf aufmerksam machen.
Das führt dazu, dass Wählerinnen und Wähler im schlimmsten Fall bei jeder Wahl eine ungültige Stimme abgeben. Prof. Dr. Nyhuis schlägt vor, Betroffene darüber zu informieren, damit sie es beim nächsten Mal besser machen können.
5. Veröffentlichung der Anzahl der Formfehler
Die Forschung von Prof. Dr. Nyhuis hat ein eindeutiges Ergebnis: Es gibt kaum ein Bewusstsein dafür, dass es bei der Briefwahl schnell zu Fehlern kommt und es vergleichsweise viele ungültige Stimmen gibt. Deshalb sollte die Anzahl dieser in der Wahlstatistik ausgewiesen werden.
Es handelt sich dabei um Daten, die laut Prof. Dr. Nyhuis ohnehin schon vorliegen, aber bislang nicht veröffentlicht werden. Das könnte jedoch helfen, ein Bewusstsein dafür bei den Wählerinnen und Wählern zu schaffen.