Für uns in Deutschland ist es völlig selbstverständlich, dass wir unsere Stimme bei allen Wahlen per Brief abgeben können. Du denkst, das ist in fast allen Ländern Europas so? Da liegst du falsch: Es ist bei weitem nicht überall möglich, per Briefwahl abzustimmen. Das wollten wir uns genauer anschauen und haben für dich zusammengefasst, in welchen Ländern die Briefwahl zu welchen Bedingungen erlaubt ist und wo sie (noch) nicht eingeführt wurde.
In diesen EU-Ländern ist die Briefwahl aus dem In- und Ausland erlaubt
Die Briefwahl ermöglicht es Wählerinnen und Wählern, ihre Stimme schon vor dem eigentlichen Wahltag abzugeben. Bist du verreist oder kannst aus anderen Gründen kein Wahllokal aufsuchen, dann wird durch die Briefwahl sichergestellt, dass du deine Stimme trotzdem abgeben kannst.
All diese Vorteile haben zahlreiche Mitglieder der EU davon überzeugt, die Briefwahl für Wählerinnen und Wähler im In- und Ausland zu ermöglichen. Dazu zählen:
- Deutschland
- Irland
- Litauen
- Österreich
- Polen
- Slowenien
- Spanien
Es sind tatsächlich nur diese sieben Länder, die eine uneingeschränkte Briefwahl haben: Es ist nicht entscheidend, ob du im Inland oder Ausland lebst. Es steht dir frei, ein Wahllokal aufzusuchen, oder per Briefwahl abzustimmen.
In diesen EU-Ländern gibt es die Option der Briefwahl nur für Wahlberechtigte aus dem Ausland
Es gibt einige Länder in Europa, die die Briefwahl nur eingeschränkt anbieten. Wahlberechtigte, die im Ausland leben, sind die einzigen, die ihre Stimme per Brief abgeben dürfen. Demnach dürfen beispielsweise alle Franzosen, die in Frankreich leben, nur im Wahllokal abstimmen und nicht per Brief.
Diese Regelung gilt in folgenden Ländern:
- Belgien
- Estland
- Finnland
- Frankreich
- Italien
- Lettland
- Niederlande
- Portugal
- Rumänien
- Schweden
- Slowakei
- Ungarn
Wie lang diese Liste ist, hat uns selbst überrascht. In insgesamt 12 Ländern dürfen nur Wahlberechtigte, die im Ausland leben, per Brief abstimmen.
In einigen Ländern von dieser Liste gibt es anstatt der Briefwahl andere Regelungen. In Frankreich gibt es beispielsweise die Vertretungsregelung: Wer das Wahllokal nicht selbst aufsuchen kann, darf eine Person des Vertrauens damit beauftragen, für sie oder ihn zu wählen. Dafür muss ein Formular ausgefüllt und bei der Polizei vorgelegt werden. Mit einer entsprechenden Bestätigung kann dann ein Vertreter wählen.
Dieses sogenannte „proxy voting“ ist unter anderem auch in Belgien, Spanien und den Niederlanden möglich.
Ja, es gibt sie: EU-Länder, in denen es gar keine Briefwahl gibt
Es gibt ein drittes Szenario für die Briefwahl: In einigen Ländern Europas gibt es sie überhaupt nicht. Das ist wirklich verwunderlich, aber tatsächlich wahr.
In diesen Ländern ist es Wählerinnen und Wählern nur möglich, im Wahllokal zu wählen:
- Bulgarien
- Dänemark
- Griechenland
- Kroatien
- Tschechien
Wer in einem dieser Länder wahlberechtigt ist, aber im Ausland lebt, muss große Hürden meistern, um an der Wahl teilzunehmen. Für bulgarische Staatsbürger ist es beispielsweise möglich, im bulgarischen Konsulat abzustimmen. Dort bilden sich oft lange Warteschlangen, da es keine andere Möglichkeit gibt (weder per Brief noch online) vom Ausland aus abzustimmen.
In den anderen Ländern, die keine Briefwahl haben, ist es ebenso problematisch. Es gibt aber auch Lichtblicke: Die griechische Regierung hat angekündigt, dass Griechen, die im Ausland leben, 2023 auch per Brief abstimmen können sollen.
Auch in Tschechien wurde darüber diskutiert, die Briefwahl einzuführen. 2021 wurde in einem neuen Wahlgesetz jedoch bestätigt, dass es nach wie vor keine Briefwahl geben wird. Es bleibt abzuwarten, ob eines der obenstehenden Länder in den nächsten Jahren eine Reform zur Briefwahl einführen wird.
Und wie sieht es außerhalb der EU aus?
In Europa gibt es also große Unterschiede dabei, ob und wie die Briefwahl erlaubt ist. Das sieht weltweit nicht anders aus. Tatsächlich sind es aber nur die wenigsten Länder, die die Briefwahl erlauben. Dazu zählen neben den aufgeführten europäischen Staaten die USA, Kanada, Australien, Südafrika und das Vereinigte Königreich.
Demnach ist die Briefwahl in den meisten Ländern überhaupt nicht möglich. Dazu zählen fast alle Staaten Südamerikas (mit Ausnahme von Mexiko, Guyana und Suriname) sowie Afrika (mit Ausnahme von Ägypten, Botsuana und Südafrika). Auch im asiatischen Raum ist die Briefwahl nicht sonderlich verbreitet und lediglich in wenigen Staaten, wie Japan, Indien oder der Mongolei, mit Einschränkungen möglich.