Es ist ein krasser Widerspruch: Immer mehr Menschen in Deutschland vertrauen auf die Briefwahl und geben ihre Stimme schon einige Wochen vor der eigentlichen Wahl ab. Gleichzeitig wird die Kritik an diesem Verfahren immer lauter. Verschiedene Parteien und Bewegungen behaupten, dass die Briefwahl Wahlbetrug fördert.
Ihre Argumente sind jedoch wenig überzeugend und teilweise sogar schlichtweg falsch. Wir klären in diesem Beitrag auf, was es mit den Vorwürfen auf sich hat und ob die Briefwahl tatsächlich so unsicher ist.
Wieso wird die Briefwahl immer wieder kritisiert?
Es sind vor allem Stimmen aus dem rechten Parteispektrum, die die Briefwahl immer wieder kritisieren. Die AfD behauptet beispielsweise, dass die Stimmabgabe per Brief zu „erheblichen Fällen von Wahlbetrug“ führt.
Darüber hinaus haben Vertreter der Partei das Gerücht in Umlauf gebracht, dass Wählerinnen und Wähler durch die Briefwahl zweimal abstimmen können. Diese Idee wurde auf dem Nachrichtendienst Telegram verbreitet.
Es wurde sogar behauptet, dass die Stimmzettel komplett ausgetauscht werden könnten. Deshalb schlossen sich einige Gruppen zusammen, die sich selbst zu Wahlbeobachtern ernannten.
Ist eine Manipulation tatsächlich so wahrscheinlich?
Die Kritik an der Briefwahl lässt sich relativ leicht entkräften. Zunächst einmal ist es natürlich nicht möglich, zweimal abzustimmen. Wählerinnen und Wähler erhalten eine Wahlbenachrichtigung: Damit können sie dann entweder in einem Wahllokal abstimmen oder die Briefwahl beantragen.
Es ist in der Praxis gar nicht möglich, zweimal abzustimmen. Die Wahlbenachrichtigung muss in einem Wahllokal vorgezeigt werden – um die Briefwahl zu beantragen, muss diese allerdings verschickt werden. Wählerinnen und Wähler haben somit gar nicht die Chance, zweimal eine Stimme abzugeben.
Auch der Austausch der Stimmzettel, die per Brief eingegangen sind, ist nicht möglich. Es gibt strenge Vorgaben für die Auszählung aller Stimmzettel: Unabhängige Wahlbeobachter überwachen den gesamten Prozess. Die Kritik ist offensichtlich falsch und hat anscheinend das Ziel, den guten Ruf der Briefwahl zu beschädigen.
Welche gesetzlichen Regeln gelten für das Wählen per Brief?
Manche Menschen haben die Befürchtung, dass Wählerinnen und Wähler bei der Stimmabgabe per Brief von anderen Angehörigen beeinflusst werden könnten. Das kann natürlich nicht ausgeschlossen werden – das gilt aber auch für die Wahl in einem Wahllokal.
Für die Briefwahl gelten strenge gesetzliche Regelungen:
- Die Wahlunterlagen müssen von dem Wähler bzw. der Wählerin selbst ausgefüllt werden
- Die Wahl darf nicht durch weitere Personen beeinflusst oder gar verändert werden
- Hilfspersonen müssen nach den Wünschen des Wählers bzw. der Wählerin handeln
Es lässt sich also festhalten, dass die Briefwahl keineswegs Wahlbetrug fördert. Das bestätigen auch Experten: Es gibt in Deutschland nur sehr wenige Fälle, in denen es zu Anklagen wegen Wahlbetrug bei der Briefwahl kommt.
Wenn du bei einer der kommenden Wahlen wahlberechtigt bist, kannst du also frei entscheiden, ob du per Brief oder in einem Wahllokal wählst. Beide Optionen sind sicher und ausreichend vor Manipulation geschützt.